11. August 2012
Durchkreuzte Pläne
Donnerstagabend: Wir bekommen das Angebot, am Samstag mit zwei Familien von SIL (Summer Institute of Linguistic) und einem Team von Kurzzeitlern von YWAM (Youth with a Mission) zu einer Bootstour auf eine Wewak vorgelagerte Insel. Zum Relaxen, Schwimmen, Schnorcheln, Fischen, Gemeinschaft haben…
Hm, eigentlich wollten wir an der Renovierung von unserem Bad/WC weitermachen. Da wartet noch einige Arbeit auf uns: Wände schmirgeln, Lücken füllen, Wände mit Sougarsoup waschen, grundieren, mindestens zweimal streichen…
Hm, aber so eine Bootstour bekommt man auch nicht alle Tage angeboten. Die Arbeit kann warten, unser Bad ist geduldig und wir haben ja ein zweites im Haus, was sonst für unsere Gäste ist.
Aber halt! Wir sind grad allein in Wewak. Martin ist mit seinem Flugzeug in Mt. Hagen zum 100 Stunden Check. Was, wenn ein Medevac notwendig wird? Also schreiben wir eine Email an den Chefpiloten und Ground Ops Manager. Parallel fragen wir den in Wewak stationierten Piloten von New Tribes Mission, ob er ggf. fliegen kann.
Freitagmorgen bekommen wir das OK vom Chefpiloten und Ground Ops Manager. Danke! Freu! Und das, obwohl der NTM Pilot auch nicht über übernehmen kann.
Freitagabend: Mathias kommt nach 11,5 Arbeitsstunden müde nach Hause. Die Papierarbeit für den Tag hat er noch nicht mal erledigt. Was war los?
Er ist kreuz und quer durch die Gegend geflogen!
Wewak – Tinboli – Sibilanga – Nuku – Anguganak – Edwaki – Vanimo – Green River – Anguganak – Tadji – Wewak
Wewak – Tinboli… An Bord habe ich neben einiger Fracht Pastor Andrew und Terry von der Evangelischen Brüdergemeinde EBC, die nach Tinboli wollen, außerdem einen Pastor für Anguganak.
Sibilanga… Hier steigt eine Mutter mit Kind für Vanimo und eine Frau für Nuku ein.
Nuku… Hier steigt nur eine aus.
Anguganak… Wer steigt hier aus? Mathias tankt nach.
Edwaki… Der weiße Missionar Jim Anderson steigt ein. Er war Gastredner bei einem Sportjugendcamp der Christlichen Brüdergemeinde. Von Vanimo aus will er über Indonesien zurück nach Kanada reisen. Außerdem steigen ein junger Mann zu, der nach Green River will und ein anderer, der ebenfalls nach Vanimo möchte.
Vanimo… Hier beginnt das große Chaos, nachdem alle ausgestiegen sind. Auch das Gepäck für den nach Green River reisenden Mann landet neben dem Flugzeug.
Zuerst kommt ein Mann auf mich zu, der einen medizinischen Notfallflug von Lumi nach Tadji braucht. In Lumi muss eine Frau mit Nachgeburtsschwierigkeiten ausgeflogen werden.
Dann klingelt mein Handy und Ludmer, unser Traffic Officer in Wewak, teilt mir mit, dass ich einen dringenden Medevac von Angugnak nach Tadji fliegen muss.
Kaum habe ich das Telefonat beendet, kommt ein einheimischer Passagier wild mit den Armen fuchtelnd auf mich zu. Er ist besorgt, dass sein Übergepäck von 170 kg nicht mit ins Flugzeug passt. Fasst gleichzeitig stellt sich mir ein weiterer Passagier vor, der nach Wewak möchte.
Ich krieg die Krise und lasse für ein paar Minuten alles liegen, um einen alten Freund aus der EBC-Gemeinde aus Wewak zu begrüßen. Pastor George ist seit einem Jahr als Missionar in Vanimo. Ehrensache, dass wir ein paar Worte wechseln. Außerdem haben mir seine Freunde aus Tinboli einen Korb voller Räucherfisch für ihn mitgegeben.
Der Angestellte vom Christlichen Bücherladen in Vanimo möchte sein Paket aus Wewak in Empfang nehmen.
Jetzt ist Zeit, alle Gepäckstücke zu wiegen und die Gewichte der zusteigenden Passagiere zu ermitteln. Ich berechne den notwendigen Treibstoffbedarf, denn nachtanken muss ich in Vanimo auch noch. Es passt alles! Ich beruhige den Fuchtelmann ;o) und fange an, die Kabine umzubauen, damit das ganze Gepäck auch reinpasst ins Flugzeug. Jetzt noch tanken. Leider gibt es in Vanimo keinen MAF Agenten und ich muss alles allein machen.
Nach eineinhalb Stunden rufe ich endlich wieder „Clear Prop“ und starte Richtung Green River.
Green River… Zwei Passagiere samt Gepäck steigen aus. Den Fuchtelmann bin ich nun auch los. Er ist glücklich und ich auch :o) Nach 15 Minuten bin ich wieder in der Luft.
Anguganak zum Zweiten… Es ist schon kurz vor 4 Uhr. Ich muss wieder tanken und die Kabine für den Medevac umbauen. Die Sitze hinter meinem Pilotensitz baue ich aus und verteile die Einzelteile im Flugzeug. Noch rechne ich damit, den zweiten Medevac aus Lumi zu holen. Ich hatte keine Ahnung, dass 15 Minuten später eine Frau mit Verletzungen der Halswirbelsäule auf einer Bahre zum Flugzeug gebracht wird. Das Einladen der Frau gestaltet sich entsprechend kompliziert und verzögert meinen Start. Die verletzte Frau wird von ihrem Mann und einer Krankenschwester begleitet. Mir wird klar, dass ich mit nur einem freien Platz in der Kabine den Medevac aus Lumi nicht mitnehmen kann, denn auch diese Frau wird sicher eine Begleitperson haben, die sich im Krankenhaus um alles Nichtmedizinische kümmert (Hygiene, Essen, etc.). So leid mir es für die Frau in Lumi tut, ich kann mit dieser weiteren langen Bodenzeit nicht mehr nach Lumi. Die Zeit ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass ich mich entscheide, direkt nach Tadji zu fliegen.
Tadji… Das erste Mal erlebe ich, dass das Ambulanzfahrzeug vor mir am Flugplatz ist und auf mich wartet. Es ist 5:15 als wir die kranke Frau umladen. Mein Handy klingelt und Mandy fragt, wann ich nach Hause komme. Noch 40 Minuten Flug!
Wewak… Ich setze meine Räder um 6:05 in Wewak auf die Asphaltbahn. Mein verbleibender Passagier aus Vanimo freut sich nach 103 Minuten in der Luft und drei Landungen endlich am Ziel zu sein. Da es schon spät ist und kein PMV (Publiv Motor Vehicle, kurz Bus) mehr in die Stadt fährt, nehmen wir ihn mit und machen noch einen Umweg zum Gästehaus der Christlichen Brüdergemeinde. Er scheint ein bekannter CBC-Mann zu sein, denn in Anguganak hat man sich auch sehr gefreut, ihn kurz zu sehen.
Ich freue mich, Mandy endlich zu sehen. Und einen gedeckten Tisch. Ich habe Hunger!
Tja, und ich muss Mandy mitteilen, dass aus dem geplanten Inselausflug am nächsten Tag nichts wird…
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