16. August 2015

Wieder sicher im Sattel

“Use it or loose it”, sagen die englisch sprachigen Kollegen, wenn sie andeuten wollen, dass man ungenutztes Wissen verliert. So ergeht es den meisten MAF-Piloten nach einem längeren Heimataufenthalt. Deswegen hat MAF zwei Flugprüfungen für zurückkehrende Piloten vorgesehen, bevor die Piloten im Liniendienst eingesetzt werden dürfen.

Bei der ersten Flugprüfung sind keine Passagiere und auch keine Fracht an Bord. Es werden gezielt Manöver geflogen, bei denen der Pilot zeigen kann, wie gut er die Maschine noch beherrscht. Dazu gehören Steilkurven und Flüge bei verschiedenen Geschwindigkeiten. Auch Notfallverfahren, wie z.B. ein Motorausfall werden überprüft.

Das Wetter bei meinem Überprüfungsflug war alles andere als vorteilshaft. Wir hatten starke Winde von Westen mit den dazugehörigen Böen. In Bodennähe war es sehr turbulent und ein präzises Fliegen beinahe unmöglich. Da ich zunächst den Airvan (GA8) fliegen soll, finden meine Flugprüfungen auf diesem Flugzeugmuster statt. Nach dem Start sind wir in größerer Höhe die nötigen Manöver geflogen und haben auch einen Motorausfall simuliert. Dazu gehört auch die Auswahl eines geeigneten Notlandefeldes. Das ist im Hochgebirge gar nicht so einfach. Zum Glück gibt es in der Nähe von Mount Hagen eine große Tee-Plantage, die eben ist. Die Arbeiter sind es schon gewohnt, dass sie ungewöhnlich leise Flugzeuge aus dem Himmel fallen sehen, bevor der Motor in Bodennähe wieder aufheult und das Flugzeug davon steigt. Ich würde zu gerne wissen, was die Arbeiter denken.

Die zweite Flugprüfung hat zum Ziel den Umgang mit Passagieren und Fracht zu beurteilen. Der Prüfer schaut sich an, ob der Pilot eine Sicherheitsbelehrung geben kann, die von den Passagieren auch verstanden wird. Dann gehört auch die Papierarbeit dazu. Alles was an Bord eines Flugzeuges ist, muss auf den Frachtpapieren stehen. Notiert werden die Namen der Passagiere, Fracht, Zielort, Flugpreis und anderes. Besonders kritisch sind die Gewichte, die für den Start und für die Landung ermittelt werden müssen. Dann gehört zum sogenannten „Line Check“ auch der normale Betrieb des Flugzeuges. Das heißt, der Prüfer schaut sich an, wie der Pilot den Motor bedient, wann er den Sinkflug zu einem Landeplatz einleitet und wie er das Flugzeug auch bei böigem Wind landet. Mein „Line Check“ beinhaltete außerdem noch die Einweisung auf drei Flugplätzen, auf denen ich mit dem Airvan noch nicht gelandet bin.

In Ambuluwa gibt es nach 9:30 Uhr am Morgen so viele ungünstige Winde, dass ein Landen nicht mehr erlaubt ist. Bei blauem Himmel und klaren Bergen war der Anflug kein Problem. Für den Start gab es leichten Rückenwind, aber dank unserer hohen Sicherheitsauflagen hatten wir genug Reserven, um sicher zu starten.

Der Flugplatz in Konambe ist etwas länger als in Ambuluwa, hat aber viel weniger Steigung bei der Landung. Das bedeutet, dass für die Landung nicht viele Reserven übrig bleiben. Da muss schon alles passen.

In Sengapi sind wir wegen starken Seitenwinden zuerst durchgestartet. Das gab uns eine bessere Einschätzung der Windverhältnisse und hat uns überzeugt, dass wir eine Landung sicher durchführen können. Beim Start war der Seitenwind so stark, dass das Flugzeug nach dem Abheben merklich schräg über der Startbahn davonflog. Auch da interessiert mich, was sich die Passagiere denken.

Nach zwei Tagen Flugprüfungen fühle ich mich wieder sicher im Sattel und habe auch schon meine ersten offiziellen Linienflüge durchgeführt: Ein katholischer Priester und seine Begleiter nach Ambulua, wo ein behinderter Einheimischer einen Rollstuhl bekommen soll. Von Ambulua zurück nach Mount Hagen war ein deutscher katholischer Priester an Bord, der am Wochenende zurück nach Deutschland flog. Auf dem Linienflug nach Dusin war ein Missionar der Nazarener an Bord, der in Dusin das Missionarshaus herrichten möchte. Mit dem Haus verbinde ich Erinnerungen an meinen Buschaufenthalt 2007…

Ich freu mich wieder im Cockpit zu sitzen und den Buschgemeinschaften zu dienen.

 


Wolfgang Schöbel am 16. August 2015 um 22:02 Uhr

Hi Mathias,

danke für den ausführlichen Bericht! Das mit dem Eingewöhnen nach längerer Abstinenz kann ich gut nachvollziehen. Im Frühjahr mache ich grundsätzlich zwei bis drei Überprüfungschecks mit einem Fluglehrerkollegen. Ein Muss! Unerfreulicherweise verstehen das ältere Piloten oft nicht und interpretieren den Check nach der Winterpause als „Zweifel an ihrer Kompetenz“. Ist natürlich Quatsch, aber wird oft so gesehen. Da muss man eben mit guten Beispiel vorangehen. Unser Vorstand hat inzwischen reagiert und schreibt es verpflichtend vor. Ohne Überprüfungsflug darf niemand Vereinsflugzeuge mehr fliegen. Löblich!

Mit Motorausfall müsstest Du Dich als ehemaliger Segelflieger aber gut auskennen, oder? Ich fliege auch lieber ohne Motor ; – )))

Gruss

Lupo


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